August 5, 2017|

In den letzten Tagen werden viele Bilder verbreitet, die eine Zusammenarbeit zwischen Schleppern und Seenotrettungs-NGOs darlegen sollen. Die Fotos sind allerdings aus dem Kontext gerissen.

Dabei ist es leicht, die Bilder einzuordnen. Sie zeigen die alltäglichen Situationen im Seenotrettungsgebiet, in dem sogenannte Engine-Fisher, die offenbar auch oft mit Schleppern zusammenarbeiten, Rettungsarbeiten behindern und auch zur Gefahr für die Seenotrettungsschiffe werden. Diese Engine-Fisher sind fast täglich auf hoher See zu finden.

Fisher in kleinem Boot
Engine Fisher sind oft mit kleinen Booten unterwegs und versuchen Bootsmotoren von Geflüchtetenbooten zu klauen.

Eines der Bilder, das von den italienischen Behörden verbreitet wird, zeigt diese Engine-Fisher mit einem Schnellboot von Jugend-Rettet:

Hier versuchen Engine-Fisher den Bootsmotor eines Flüchtlingsboots zu klauen. Das kleine Schlauchboot ist von Jugend-Rettet und beobachtet die Situation.
Hier versuchen Engine-Fisher den Bootsmotor eines Flüchtlingsboots zu klauen. Das kleine Schlauchboot ist von Jugend-Rettet und beobachtet die Situation.

Solche Situationen sind leider alltäglich. Da es immer sein kann, dass die Mannschaft dieser Boote bewaffnet sind, sind diese Boote auch für die NGOs gefährlich. Oft können die NGOs, die nicht bewaffnet sind, nicht gegen diese Engine-Fisher vorgehen und sind ihnen selbst schutzlos ausgeliefert. Auch Rechte und Rechtsradikale verbreiten solche Bilder als vermeintlichen Nachweis für eine Zusammenarbeit zwischen Schleppern und NGOs.

Tweet: „Hey JugendRettet, daffür gebt es doch sicherlich eine einfache Erklärung, oder?“ neben Bildern. Auf diesen ist zu sehen, das ein Boot, von dem Menschen gerettet wurden, später von einem kleinen Boot abgeschleppt wird.
Impliziter Schleppervorwurf auf Twitter mit Bildern, die Engine-Fisher während einer Rettung zeigen, die später das Flüchtlingsboot klauen.

Nachweise für eine Zusammenarbeit zwischen Schleppern und NGOs stellen diese Bilder nicht dar. Bei der auf Twitter dargestellten Szene gibt es beispielsweise ein ungeschnittenes Video von der Rettung (ich war selbst Augenzeuge), dass die Vorwürfe entkräftet. Die Crew des Rettungsschiffes Sea-Eye hatte bei besagter Situation versucht, die Engine-Fisher zu vertreiben, was ihnen leider nicht dauerhaft gelang:

Video: NGOs vertreiben Engine-Fisher/Schlepper

Während ohne relevante Beweisführung die Seenotretter schikaniert werden und inzwischen sogar die Iuventa von Jugend Retter beschlagnahmt wurde, gibt es zahlreiche Nachweise für die Zusammenarbeit von libyscher Küstenwache mit Schleppern oder Engine-Fishern. Die libysche Küstenwache wird trotzdem von der EU finanziert, weil sie auch rabiat gegen Geflüchtete auf hoher See vorgeht und die Menschen zurück an die libysche Küste bringt.

Ein Schiff der libyschen Küstenwache.
Ein Schiff der libyschen Küstenwache.
Das Boot der libyschen Küstenwache im Gespräch mit der libyschen Küstenwache. Die Engine-Fisher klauten später einen Bootsmotor, die libysche Küstenwache ermittelte nicht gegen sie.
Das Boot der libyschen Küstenwache im Gespräch mit der libyschen Küstenwache. Die Engine-Fisher klauten später einen Bootsmotor, die libysche Küstenwache ermittelte nicht gegen sie.
Statt die Bootsmotoren zu versenken, wie es bei NGOs üblich ist, klaut die libysche Küstenwache hier im Anschluss Bootsmotoren von abgeborgenen Flüchtlingsbooten.
Statt die Bootsmotoren zu versenken, wie es bei NGOs üblich ist, klaut die libysche Küstenwache hier im Anschluss Bootsmotoren von abgeborgenen Flüchtlingsbooten.

Diese offensichtliche Zusammenarbeit zwischen libyscher Küstenwache und Schleppern wird offenbar aber in Kauf genommen, weil die Milizen die “Drecksarbeit” vor der libyschen Küstenwache machen. Verhindern wollen die europäischen und italienischen Regierungen offenbar eher, dass weiter Hilfsorganisationen Geflüchtete aus Seenot retten. Immer wieder wird der Vorwurf erhoben, dass die Anzahl der Geflüchteten wegen der zivilen Seenotrettung auf hoher See ansteigen würden. Eine Studie zeigt jedoch eindeutig, dass das nicht stimmt.

In den letzten Tagen wurde zum Beispiel ebenfalls verbreitet, dass die NGOs die Zusammenarbeit mit den italienischen Behördern verweigern würden. Dabei sind alle Rettungseinsätze mit der offiziellen Seenotrettungsleitstelle in Rom abgestimmt. Es sind keine Fälle bekannt, in denen sich die NGOs rechtswidrig den Anweisungen des MRCC nicht gefolgt ist.

Allerdings haben sich einige NGOs geweigert, einen “Code of Conduct”, der die Seenotrettung regulieren soll. Dabei ist die Seenotrettung bereits durch das internationale See- und Völkerrecht vollständig reguliert. Die Sorge der NGOs ist, dass der “Code of Conduct” ihre Arbeit unzulässig einschränkt und sie in Konflikt mit dem Völkerrecht bringt. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt zu dem Schluss, dass der “Code of Conduct” völkerrechtswidrig ist. Die entsprechende Studie kann man hier nachlesen. Unter anderen die Deutsche Welle hat darüber berichtet. Die italienischen Behörden haben trotzdem angedroht, dass die Nichtunterzeichnung des “Code of Conduct” trotzdem Konsequenzen hat. Allerdings behaupten sie ebenfalls, dass die Beschlagnahmung des Schiffes – wohlgemerkt einen Tag nach der Frist für die Unterzeichnung des besagten Papiers – keinen Zusammenhang mit der Nichtunterzeichnung hat. Es fällt mir schwer, das auch nur im Ansatz zu glauben. Es war wohl zu offensichtlich, dass man ein Schiff nicht beschlagnahmen darf, nur weil man keinen völkerrechtswidrigen Vertrag unterschreiben will. Deswegen werden nun die gleichen Vorwürfe als Fakten artikuliert, die mehrmals widerlegt wurden. Die europäische Asylpolitik hat offenbar alle Tabus verloren. Derweil sterben im Mittelmeer weiter täglich Menschen. Es ist widerlich.

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